Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass die Briten für den Austritt aus der EU gestimmt und damit für einen Paukenschlag nicht nur auf politischer Ebene gesorgt haben. Seit Ende März läuft die Zwei-Jahres-Frist, innerhalb derer die Verhandlungen über einen wie auch immer gearteten Austritt Großbritanniens aus der Union zu einem Abschluss gebracht werden müssen – vorausgesetzt, dass das Austrittsverfahren wie vertraglich vorgesehen abläuft.
So, nun habe ich mir bei den ersten sommerlichen Laufwettkämpfen durch leichte Nachlässigkeiten schon recht ordentliche Sonnenbrände geholt. Was allerdings nicht am mangelnden Eincremen lag.
Nach dem Rücktritt von David Cameron als Premierminister versprach der Amtsantritt Theresa Mays zunächst Stabilität.
Berauscht von einem vermeintlich sicheren Vorsprung für ihre Konservative Partei in den Umfragen beraumte May Neuwahlen für den 8. Juni an – entgegen ihren früheren Aussagen. Wieder einmal zeigte sich jedoch, dass es zwei Dinge gibt, die Briten nicht wirklich beherrschen: zum einen Elfmeterschießen im Fußball, zum anderen Demoskopie. Bis zuletzt hatten die Meinungsforscher nämlich mit wenigen Ausnahmen einen deutlichen Sieg der Konservativen vorhergesagt.
Nach den Wahlen reichte es aber nicht einmal für die Mehrheit, über die May und ihre Parteigenossen vor der Wahl verfügt hatten. Ein klassisches Eigentor.
Nun stellt sich natürlich die Frage, wie weich wird der harte Brexit, den die Premierministerin anstrebt? Und was bedeutet dies für den Pfundkurs? Erinnert sei daran, dass letztere Frage auch für den Anleger in britische Aktien keineswegs irrelevant ist. Denn die ansehnlichen Gewinne des Leitindex FTSE100 seit der Brexit-Entscheidung wurden durch den noch ansehnlicheren Kursverfall des Pfund Sterling für Anleger aus dem hiesigen Währungsraum mehr als kompensiert.
EU PRÄSENTIERT RECHNUNG
Nach der Unterhauswahl ist die Situation nun noch unübersichtlicher geworden. Theresa May hat angekündigt, mit der nordirischen Democratic Unionist Party eine Koalition eingehen zu wollen und ist von der Königin mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Ein Entgegenkommen der Labour Party bei den beginnenden Brexit-Verhandlungen ist jedenfalls nicht zu erwarten. Zu verlockend erscheinen für den Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn die Chancen, bei einer eventuellen Neuwahl Mrs. May im Amt des Premierministers beerben zu können. Das ist aber nicht der einzige Gegenwind, der dieser derzeit entgegenbläst – in der Konservativen-Fraktion selbst gibt es einige Abgeordnete, die lieber in der EU verblieben wären, aber auch laut Presseberichten etwa 60 Brexit-Hardliner, denen der Austritt aus der Europäischen Union gar nicht hart genug sein kann. Zwischen diesen beiden Flügeln muss Theresa May, sofern sie nach ihrem stark kritisierten Auftreten nach der Grenfell-Tower-Brandkatastrophe überhaupt Premierministerin bleiben kann, weiter lavieren und vermitteln. Was bedeutet, dass sie sich immer möglichst mehrere Optionen offenhalten muss – wie ein Schütze beim Elfmeter. Die EU hingegen hat den Briten zunächst eine Austrittsrechnung in Höhe von 100 Mrd. Euro präsentiert und sucht eher Klarheit – auch für ihre mittelfristige Finanzplanung, die demnächst verabschiedet werden soll.
BREXIT MEANS SOFT BREXIT?
Die generelle Marktmeinung nach der Wahl ist nun, dass der Brexit doch softer werden wird als noch vor wenigen Wochen gedacht. Schließlich hatte Theresa May vor der Wahl verkündet, dass gar kein Abkommen – also ein völlig ungeordneter Austritt aus der Europäischen Union – für Großbritannien immer noch besser sei als ein schlechtes Abkommen. Für diesen sehr harten Kurs hat sie nun in den Wahlen keine absolute Mehrheit erhalten. Dies ist wohl auch einer der Gründe dafür, dass sich das Pfund Sterling in den Tagen nach der Wahl zunächst einmal erstaunlich gut behauptet hat und nicht kollabiert ist, wie es von vielen Marktbeobachtern für den Fall eines solchen Wahlergebnisses erwartet worden war.
Dies heißt aber nicht, dass das ewig so bleiben muss. Und zwar aus den folgenden Gründen:
Erstens hat keine Partei oder Gruppierung momentan ein Interesse, am Status quo etwas zu ändern. Weder die Konservativen, denen bei eventuellen Neuwahlen weitere Stimmenverluste oder gar eine Spaltung innerhalb der Partei drohen könnten, noch die Labour Party, die weiterhin eine sehr vage Haltung hinsichtlich des Brexits einnimmt und es nur zu gerne sähe, wenn die ‚Kosten‘ des Austritts den Konservativen zugerechnet würden. Die Premierministerin muss versuchen, ihre widerstrebenden Parteiflügel auszugleichen, und kann sich deswegen nicht weit von dem wegbewegen, was sie vor der Wahl angekündigt hat.
Zweitens könnte aus diesen Gründen das Risiko eines ungeordneten Brexits steigen. Denn die Uhr tickt, das Austrittsdatum steht fest: Ende März 2019 ist es so weit. Mit fortschreitendem Zeitverlauf verbessert sich aber tendenziell die Position der übrigen 27 EU-Länder gegenüber den Briten. Vielleicht gibt es einige, die sogar auf eine zweite EU-Abstimmung in Großbritannien setzen würden. Unsicherheit ist aber etwas, das die Märkte nicht lieben. Und das könnte zur Konsequenz haben, dass die britische Wirtschaft und der Kurs des Pfundes darunter leiden.
Drittens ist derzeit der Ausblick für die britische Wirtschaft – unter anderem wegen des enormen Leistungsbilanzdefizits – eher nicht so rosig. So erzielte beispielsweise die Bundesrepublik 2016 mit 50,4 Mrd. Euro mit Großbritannien ihren höchsten Außenhandelsüberschuss überhaupt. Zudem liegt die Inflation (u.a. dank des schwachen Pfundes und der dadurch steigenden Importpreise) auf der Insel mit aktuell 2,9 Prozent im Jahresvergleich deutlich über dem Zielwert von 2,0 Prozent, was wiederum die Konsumnachfrage belastet. Der Bank of England sind allerdings hinsichtlich Zinserhöhungen die Hände gebunden. Höbe sie nämlich den Leitzins an, wäre dies dem Wachstum nicht gerade zuträglich. Und dieses hat sich schließlich schon um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal verringert.
All diese Punkte sprechen eher für eine Abschwächung des Pfundes – insbesondere gegen den Dollar. Wahrscheinlich liegen die Chancen einer englischen Fußballmannschaft, die USA in einem Match (natürlich ohne Elfmeterschießen) zu bezwingen, höher als diejenigen des Pfund Sterling, gegen den Dollar nachhaltig anzusteigen.
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